Architektur kompakt – Berlins "linke Mitte": vom Nikolai-Viertel zum Platz der Vereinten Nationen

Termin

Samstag, 21. September 2024, 14.00 bis 17.00 Uhr

Unterrichtseinheiten: 3

Ort

Treffpunkt: vor der Ruine der Franziskaner Klosterkirche, Klosterstr. 74 (U2 Klosterstraße)

Zielgruppe

Die Veranstaltungsreihe ist für Architektinnen und Architekten gedacht, die in Berlin noch nicht heimisch sind, und für alle, die ihre Stadt neu sehen möchten.

Lernziel

Die Teilnehmenden lernen die komplexe Entwicklung Berlins und seine Architekturgeschichte kennen. Die Wege sind so gewählt, dass sie zum einen die jeweilige „Kiezgeschichte“ im Zusammenhang mit „Großberlin“ erhellen. Zum anderen werden signifikante Beispiele aus jeder Stilepoche berührt, erläutert und diskutiert, dazu aktuelle Projekte und Problemzonen – Wunden und Visionen.

Inhalt

Eine Wanderung durch die Berliner Baugeschichte.

Es gibt zwei Städte, die die gesamte deutsche Baugeschichte repräsentieren: Berlin und Köln. Köln von der Antike bis zum Ende des Mittelalters und Berlin, das vielleicht von Köllnern mitbesiedelt wurde, von der Renaissance bis in die Gegenwart. Kein Wunder, dass die zwei bekanntesten Gebäude dort stehen: der Kölner Dom, um die Zeit seiner Gründung 1248 wird Berlin gerade zum ersten Mal aktenkundig. Und das Brandenburger Tor, mit dem Berlin Avantgarde der Weltarchitektur ist. Diese Rolle besaß Köln im Mittelalter, unvergleichlich sind die romanischen Kirchen und im Dom kulminiert die Gotik. Ebenso unvergleichlich ist der Berliner Klassizismus. Und das Bauhaus als ein wesentlicher Teil der Moderne, ist, kess gesagt, eine Berliner Erfindung.
Köln ist monozentrisch, der Dom ist sichtbar die Mitte und auf einem Halbkreis, der „via sacra“, kann man Kölns Romanik erwandern. Berlin ist polyzentrisch, oder, um einen neuen Titel Bob Dylans abzuwandeln, „Berlin contains multitudes“. Jeder Bezirk ist sein eigener Kosmos, und alle glauben das auch von ihrem Kiez. Berlin kann man nicht erwandern, und die Bezirke sind Großstädte. Aber man kann ihre Eigenarten entdecken, ihre Bedeutung in der Stadtentwicklung, ihre Position zu Berlins Mitte, die Spuren von Schinkel und den Modernen, um so im Kleinen ein Bild des Gesamten zu erkennen – pars pro toto.

BERLINS „LINKE MITTE“, vom Nikolaiviertel zum Platz der Vereinten Nationen

Nur der Grundriss mit den Gewölbeprojektionen lässt den Reichtum des von Chorin beeinflussten Franziskanerklosters ahnen. Immerhin zeigt die Ruine lehrhaft die Konzeption einer longitudinalen Basilika als Pendant zum innen roh belassenen Zentralbau der Parochialkirche, deren neuer Turm ein paar Meter weiter winkt. Der zerstörte Kern Berlins, das Nikolaiviertel, ist zum 750. Gründungsjubiläum aus Rekonstruktionen, Versatzstücken und postmodernem Plattenbau rührend neu erstanden. Mittelpunkt ist der feldsteingrobe Turmsockel der Nikolaikirche, die älteste Architektur Berlins, um die Ecke trafen sich Lessing und Moses Mendelssohn.
Nach der Enge ist die Weite des Marx-Engels-Forums befreiend und die an Hilberseimer erinnernden Hochhausscheiben geben Schloss, Marienkirche, Rotem Rathaus und Fernsehturm einen großstädtischen Rahmen, der mit der einzig modernen Fassade des „Schlosses“ spröde vollendet ist. Peter Behrens hat versucht den Alexanderplatz zu ordnen. Weiter kam man nicht, dafür soll er nun zu einer halbherzigen Stadtkrone werden, für die das „Haus des Lehrers“ symbolträchtiger Auftakt war. Die Turmbauten am Straußberger Platz markieren den Bruch zwischen dem ersten, prächtigen und stadträumlich gedachten und deshalb von Aldo Rossi geliebten Bauabschnitt der Karl-Marx-Allee, während der zweite modern und locker bebaut ist. Zwischen den soliden Plattenbauten gibt es hübsche Einzelstücke, das Kino International, das Café Moskau und harmlose (im Westen immer vergessene) Infrastruktur. Man schlängelt sich hindurch zum Platz der Vereinten Nationen. Manche Fassade des dynamischen Gebäudekomplexes zitiert frech den Gropius-Bau im Hansa-Viertel. Als Abrechnung hat man das Lenin-Denkmal abgerissen, der Kopf ist auf der Zitadelle in Spandau gelandet, roter Granit, kubistisch - schade drum.

Referentinnen und Referenten

Prof. em. Dipl.-Ing. Cord Machens, Architekt, Berlin

Gebühr

Mitglieder
25,00 Euro
Absolventinnen und Absolventen
25,00 Euro
Gäste
50,00 Euro
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